Perspektivwechsel in der Entwicklung von Friedhöfen
Friedhöfe unterliegen einem stetigen Wandel, da demografische Entwicklungen und Trends im Bereich der Beisetzungsangebote die Verantwortlichen dazu anregen, ihre Planungen weiterzuentwickeln. Diese Veränderungen bieten die Möglichkeit, das gesellschaftliche Miteinander zu stärken, da Friedhöfe traditionell eine bedeutende soziale Rolle spielen. Am 29. Juni 2023 wurde der Campus VIVORUM in Süßen (Baden-Württemberg) eröffnet, der als begehbarer Impulsort seitdem wertvolle Anregungen für eine zukunftsorientierte Friedhofsentwicklung bietet. Der hohe Besucherstrom von Städte- und Gemeindetagen sowie Landeskirchen zeigt, dass der Campus VIVORUM, insbesondere aufgrund seines trauerpsychologischen Ansatzes, einen gesellschaftlichen Bedarf erfüllt.
Im ersten Jahr wurden bereits über 60 Gruppenführungen durchgeführt, und die Zahl nimmt tendenziell zu. Besonders Bürgermeister, Friedhofsverwalter und Fachgremien aus Deutschland und darüber hinaus haben den Campus besucht, um sich Inspirationen für die Weiterentwicklung ihrer Friedhöfe zu holen. Die vor Ort umgesetzten Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis regen dazu an, Friedhöfe als öffentliche Räume neu zu interpretieren und entsprechend zu gestalten. Der etwa 6.000 m² große „Impulsort“ wird kontinuierlich weiterentwickelt.
Der Campus VIVORUM fordert dazu auf, über die Funktion von Beisetzungsorten nachzudenken und diese als therapeutisch wirksame Trauerorte zu gestalten. Die Initiative „Raum für Trauer“ vertritt die Auffassung, dass Friedhöfe als „Caring Infrastructure“ der Kommunen nicht nur Trauernden Unterstützung bieten können, sondern auch einen Nutzen für die gesamte Gesellschaft darstellen.
Bereits erste Kommunen und Kirchen in Baden-Württemberg und Bayern haben begonnen, ihre Planungen zur Umgestaltung von Friedhöfen basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen zu modifizieren. Beispiele hierfür sind die Friedhöfe in Amtzell, Ihlingen und Obereschach. Günter Czasny (64), Sprecher der Initiative „Raum für Trauer“, betont, dass Friedhöfe in Zeiten einer fragmentierten Gesellschaft ein wichtiger Ausdruck sozialer Fürsorge und Seelsorge sein können. Er ist überzeugt, dass friedhofliche Gestaltung mit menschenzugewandtem Ansatz durch ihre psychologischen Wirkkräfte zu einem bedeutenden sozialen Ort in der Gemeinde werden kann. Damit könnten sie Trauernden helfen, Einsamkeit zu überwinden und das soziale Miteinander zu fördern. Czasny verweist dabei auf eine kürzlich veröffentlichte Einsamkeitsstudie der Bundesregierung, die sozialen Orten eine wichtige Rolle im Kampf gegen Einsamkeit und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zuschreibt. Er sieht Friedhöfe als mögliche „Game Changer“, die sowohl therapeutische Orte für Trauernde als auch wertvolle Begegnungsorte für die Gemeinschaft sein könnten.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Raum für Trauer/ Veröffentlicht am 18.07.2024